Rückforderung überzahlter Miete trotz Kenntnis eines Mangels?

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs [BGH] besteht eine tatsächliche Vermutung, dass einem Mieter sein Recht zur Herabsetzung der Miete wegen eines vorhandenen Mangels der Mietsache regelmäßig bekannt ist und er eine insofern überzahlte Miete wegen § 814 Alt. 1 BGB nicht zurückfordern kann [BGH, Urteil vom 16.07.2003, Az.: VIII ZR 274/02].

Gemäß § 814 Alt. 1 BGB kann das „… zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete (…) nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war…“.

Nach einer  Entscheidung des Landgerichts Berlin [LG Berlin, Urteil vom 01.03.2018, Az.: 67 S 342/17] besteht eine solche Vermutung entgegen der Rechtsprechung des BGH [s.o.] nicht. Vielmehr verlange § 814 Alt. 1 BGH positive Kenntnis nicht nur vom Mangel, sondern auch bzgl. der tatsächlichen Zahlung einer Nichtschuld. Von einer solchen positiven Kenntnis könne aber nur ausgegangen werden, wenn dem Mieter sämtliche Elemente des ihm zustehenden Minderungsrechts bewusst ist und er die ihm zustehenden Gewährleistungsrechte ausüben könne. Uneingeschränkt beweispflichtig hierfür sei der Vermieter.

In dem entschiedenen Fall ging der Mieter davon aus, dass ihm ein Minderungsrecht erst nach Anzeige des Mangels beim Vermieter zustehe; ein Ausschluss der Rückforderung der – in Höhe des Minderungsbetrages – überzahlten Miete gem. § 814 Alt. 1 BGB wurde demnach verneint.

Das Landgericht setzt sich bewusst in Widerspruch zu der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2003, weshalb es die Revision gegen das Urteil zugelassen hat. Ob, wann und ggf. wie der BGH entscheidet bleibt abzuwarten.

Bis dahin sollten bei Vorliegen von Mängeln, die den Mieter zur Minderung berechtigten, Mietzahlungen [weiterhin] unter ausdrücklichem Vorbehalt erfolgen. Denn nach der [noch] geltenden Rechtsprechung des BGH [s.o.] können nur unter Vorbehalt geleistete [Über-]Zahlungen der Miete zurückverlangt werden, wenn der Mieter den zur Minderung berechtigenden Mangel kennt.