Schriftformerfordernis. §§ 578, 550 BGB. Vorzeitige Kündigung langfristiger Mietverträge.
Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden staatlichen Maßnahmen haben teilweise zu Einschränkungen des Mietgebrauchs und zu Betriebsschließungen geführt. Mieter konnten zum Teil ihre Miete nicht mehr zahlen und Flächen blieben ungenutzt. Neben Mietminderungen haben einige Mieter auch versucht, sich von langfristigen Mietverträgen wegen eines (vermeintlichen) Schriftformverstoßes vorzeitig vom Vertrag zu lösen.
Im Hinblick auf die steigenden Energiekosten und die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung steht zu befürchten, dass Mieter erneut in Schwierigkeiten geraten und nach Möglichkeiten suchen, langfristige Mietverträge vorzeitig zu beenden, um Mietflächen und laufende Mietzahlungsverpflichtungen zu reduzieren – oder auch nur um Mietkonditionen in ihrem Sinne anzupassen.
Ein möglicher Ansatzpunkt dafür ist ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis gemäß § 550 BGB. Danach bedürfen Mietverträge, die für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden, der gesetzlichen Schriftform. Genügt der Mietvertrag dem Schriftformerfordernis nicht, so gilt er für unbestimmte Zeit geschlossen und kann nach Ablauf eines Jahres unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfristen von beiden Parteien vorzeitig beendet werden. Die Gründe für einen solchen Schriftformverstoß sind vielseitig.
Nicht selten führen Nebenabreden während des laufenden Mietverhältnisses, oder selbst der Abschluss eines schriftlichen Nachtrags, der seinerseits gegen § 550 BGB verstößt und damit den Hauptmietvertrag „infiziert“, zur Kündbarkeit des gesamten Mietvertrages. Dies kann sowohl für Mieter und deren Betrieb, als auch Vermieter und deren Finanzierung, erhebliche Auswirkungen haben.
Sogenannte „Schriftformheilungsklauseln“, wonach sich die Parteien verpflichten, einen etwaigen Schriftformverstoß durch Abschluss eines Nachtrages zu heilen, sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus 2017 unwirksam und helfen nicht weiter. Nur ausnahmsweise sei eine solche Kündigung unzulässig, z.B. „…wenn der Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten habe oder sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat oder wenn bei Formwidrigkeit die Existenz der anderen Vertragspartei bedroht wäre“.
Sowohl bei Abschluss von Mietverträgen als auch Nachträgen bzw. abweichenden Vereinbarungen, sollte daher sorgfältig auf die Einhaltung der Schriftform geachtet werden. Dies gilt insbesondere auch bei der Objektprüfung und im Rahmen rechtlichen Due Diligence vor Abschluss von Immobilienkaufverträgen.