(Keine) Haftung eines Recyclingunternehmens für Bombenexplosion.

Der Bundesgerichtshof [BGH] hat in einem Urteil vom 05.07.2019 [Az. V ZR 96/18 und 108/18] über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen der Beschädigung von Nachbargebäuden entschieden, die durch die Explosion eines Blindgängers aus dem 2. Weltkrieg im Zuge von Recyclingmaßnahmen auf dem Betriebsgrundstück des Unternehmens verursacht wurden.

Bei der Zerkleinerung von Bauschutt auf dem Betriebsgelände der Recyclingfirma werden größere Teile zuvor mit einem Bagger zerkleinert, bevor sie geschreddert werden. Ein durchaus übliches Vorgehen. Im Zuge dieser Arbeiten detonierte eine in einem größeren Betonblock eingeschlossene Bombe, wodurch der Baggerfahrer getötet und mehrere Arbeiter – davon zwei schwer – verletzt wurden. Gegenstand der oben genannten Entscheidung des BGH waren jedoch Sachschäden an Gebäuden auf dem Nachbargrundstück, die durch die enorme Druckwelle verursacht wurden.

Wie schon die beiden Vorinstanzen, sah auch der BGH keine Grundlage für eine Haftung:

Bei „normalem“ Bauschutt müsse in der Regel nicht damit gerechnet werden, dass ein größeres Betonstück eine Bombe enthalte, so die Richter. Daher könne im Normalfall auch nicht verlangt werden, dass ein Recyclingunternehmer jeden Bauschutt – neben einer Sichtprüfung – zunächst auch noch mit technischen Hilfsmitteln auf Explosivstoffe untersucht. Angesichts der sehr geringen Wahrscheinlichkeit von Bomben in zu recycelnden Betonteilen sei auch von einem verständigen, umsichtigen, vorsichtigen und gewissenhaften Betreiber eines Bauschutt recycelnden Unternehmens eine generelle Untersuchung dieser Stoffe auf Explosivkörper nicht zu verlangen, so der Senat. Da auch keine Anhaltspunkte vorhanden waren, die Rückschlüsse auf den Blindgänger gegeben hätten, sei ein Verschulden nicht gegeben.

 

Einen verschuldensunabhängigen nachbarschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch [analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB] vermochten die Richter ebenfalls nicht zu begründen.

Auch wenn das Unternehmen als „Störer“ anzusehen sei, habe sich durch die Detonation keine in der Nutzung des Grundstücks begründete Gefahr verwirklicht. Ein nachbarrechtlicher Anspruch scheitere daran, dass die Regelung in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf Beeinträchtigungen nicht entsprechend anwendbar ist, die durch die – unverschuldete – Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg verursacht werden. Wenn die Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg – wie hier – nicht in der Nutzung des Grundstücks angelegt sei, stünden der Eigentümer oder Besitzer des Grundstücks, auf dem ein Blindgänger explodiere, dem verwirklichten Risiko nicht näher oder ferner als die übrigen Beteiligten, so der BGH. Die Explosion sei dann nicht mehr Ausdruck der „Situationsbezogenheit des Grundstückseigentums oder Folge der in dem Zustand oder in der Nutzung des Grundstücks angelegten Risiken“. Dem Risiko, dass ein Blindgänger auf dem Grundstück explodiert, stehe der Eigentümer nicht näher als der geschädigte Nachbar.